Mainz Stadtrat Weiteres

Stadtratsitzung vom 24-11-2021

Was passiert in der Mainzer Stadtpolitik? Neues aus dem Stadtrat!

Darstellung der Stadträte in Mainz als Piktogramme. Parteilogos der Fraktion Piraten und Volt.

Am Mittwoch, den 24-11-2021 fand wieder eine Sitzung des Stadtrates in Mainz statt.

Die Tagesordnung war vollgepackt, immerhin musste ein neuer Haushalt beschlossenen werden und zahlreiche Anfragen und Anträge standen zur Entscheidung an.

I. Haushaltsdebatte

Die Kommunalaufsicht hatte im Rahmen der Prüfung des Doppelhaushalts 2021/2022 die Ansätze für das Jahr 2022 global beanstandet und eine Überführung des Doppelhaushalts in Einzelhaushalte gefordert.
Wegen der unerwarteten Mehreinnahmen bei den Gewerbesteuern konnten die Ansätze  für 2022 aus dem ursprünglichen Doppelhaushalt weitgehend unverändert übernommen werden. Wesentliche Veränderungen wurden bei den Ansätzen für Steuern und Zuweisungen
vorgenommen.

Der vorgelegte Haushaltsentwurf der Verwaltung neben dem Haushaltsbegleitantrag der Ampel wurde mehrheitlich vom Stadtrat unter Enthaltung der Stimmen von Piraten&Volt angenommen.  
Wichtigste Punkte sind u. a.:

1. Abbau der Altschulden, 
2. Investitionen in den Klimaschutz, in die soziale und kulturelle Infrastruktur mit dem Ziel Klimaneutralität 2035,
3. Finanzierung einer Angebotsausweitung bei gleichzeitiger Dekarbonisierung des ÖPNV bis 2035,
4. nachhaltige Anlagerichtlinie im Sinne des Divestments mit dem Ziel, dass Finanzanlagen der Stadt oder ihrer Gesellschaften nicht in CO₂-intensive Anlagen getätigt werden,
5. Prüfung von Zuführungen zum Pensionsfonds,
6. Spielräume zur Bodenbevorratung durch die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Stadt Mainz nutzen,
7. Stadtverwaltung prüft, welche Immobilien erworben werden können, um Mietausgaben im Bereich der Verwaltung zu minimieren,
8. Weiterentwicklung von Mainz  als Biotechnologiestandort,
9. Mainz betreibt eine nachhaltige Standortentwicklung mit einer Ansiedlungspolitik, die an qualitativen Maßstäben (gute Arbeitsplätze, wenig Flächenverbrauch) ausgerichtet ist. Dazu wird der Hebesatz der Gewerbesteuer von 440 auf 310 Punkte gesenkt.

Auch der ergänzende Antrag der Verwaltung, den Hebesatz der Gewerbesteuer von 420 Punkten auf 310 Punkte zu senken, fand nach längerer Debatte eine große Mehrheit. Wir PIRATEN haben uns, im Gegensatz zu unseren Fraktionskollegen von Volt, im Stadtrat nach eingehender Debatte für eine Senkung der Hebesätze der Gewerbesteuer ausgesprochen.
Die Senkung der Hebesätze für die Gewerbesteuern wurde sowohl in der Fraktion, als auch bei den Piraten Mainz im Vorfeld heftig debattiert.
Dabei waren wir PIRATEN Mainz uns weitgehend einig, dass eine Senkung von Hebesätzen ein sinnvolles Instrument ist, um die Ansiedlung von biotechnologischen Unternehmen zu fördern. Wir PIRATEN sehen ähnlich wie unsere Fraktionskollegen von Volt jedoch auch die Probleme, die ein solcher Unterbietungswettbewerb in der Körperschaftsteuer verursachen kann. Auf europäischer Ebene fordern wir PIRATEN deswegen in unserem gemeinsamen Programm aller europäischer Piratenparteien  eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für ganz Europa.
Im Geiste dieses Programms sehen wir einen möglichen kommunalen Unterbietungswettbewerb von Gewerbesteuern ebenso kritisch. Solange jedoch keine Harmonisierung erfolgt ist, wäre es nicht zielführend, einen nationalen Durchschnittssatz zu verwenden. Des Weiteren sehen wir in der Senkung der Hebesätze in Mainz kein Unterbietungswettbewerb mit den Nachbargemeinden, sondern vorwiegend die Förderung der lokalen bereits ansässigen Gewerbetreibenden.

Anlässlich der Haushaltsdebatte haben wir uns in der Fraktion Piraten und Volt auf zwei Punkte beschränkt, die wir als Haushaltsbegleitantrag in den Stadtrat eingebracht haben

  • Bürger:innenbudget
  • Abschaffung der Vergnügungssteuer

Leider konnte unser Haushaltsbegleitantrag trotz wohlwollender Würdigung keine Mehrheit finden. Dazu führte Stadtrat Tim Scharmann in der Pressemeldung der Fraktion Piraten & Volt aus:

„Wir bedauern es sehr, dass der Vorschlag eines Bürger*innenbudgets nun bereits zum zweiten Mal eine Absage des Mainzer Stadtrats erhalten hat. Zwar wurden unsere Ideen als aufgefasst, zu einer direkten Umsetzung hat es allerdings nicht gereicht. Die Verwaltung sollte Bürger*innenbeteiligung nicht als lästiges Beiwerk ihrer Arbeit sehen, sondern es als Chance auffassen, wenn Bürger*innen konstruktiv und in ordentlich moderierten Prozessen Anregungen für die Gestaltung unseres Gemeinwesens leisten."

Insbesondere das Bürger:innenbudget war der Fraktion eine Herzensangelegenheit. Es ermöglicht:

  • niedrigschwellige Partizipationsmöglichkeiten
  • eine Art „Initiativrecht“ bei der Gestaltung des Gemeinwesens
  • auch die Förderung von soziale, künstlerische oder bildungspolitische Projekte, während sich bestehende Partizipationsformate meist auf langjährige Bauvorhaben beschränken

Weiteres zum Bürger:innenbudget könnt ihr auf unserem Fraktionsblog nachlesen in den Artikeln, Bürger:innenbudet für Mainz und Piraten&Volt fordern ein Bürger:innenbudget oder schaut Euch das Video unserer Info- und Diskussionsrunde zum Bürger:innenbudget an.

Aber auch über die Ablehnung der teilweisen Abschaffung der Vergnügungssteuer, vorwiegend für Tanzveranstaltungen, zeigten sich unsere Stadträte tief enttäuscht. Gerade in dem Corona Jahr sind den Clubs, Bars und Discos sämtliche Einnahmen aufgrund von Geschäftsschließungen weggebrochen. Kulturförderung muss ein Anliegen der Stadt sein. Stadtrat Maurice Conrad von der Fraktion Piraten & Volt kommentierte dies gegenüber der Presse wie folgt:

„Mainz lebt auf seinen Plätzen, daher bedauern wir es sehr, dass sich die Mitglieder des Mainzer Stadtrates heute aktiv gegen eine Entlastung der eh schon gebeutelten Szene entschieden hat. Bereits zahlreiche deutsche Kommunen haben diesen Schritt getan und die Tanzsteuer abgeschafft, wir als Piraten & Volt hoffen, dass sie auch in Mainz bald Geschichte sein wird.“

II. Anträge

Der Stadtrat stimmte nachfolgenden Anträgen mehrheitlich mit den Stimmen von PIRATEN & Volt zu.

  • „Cities for Life – Städte für das Leben“ (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP)
    Jede Hinrichtungen, die weltweit erfolgt, ist eine zu viel. Die Todesstrafe ist eine inakzeptable Menschenrechtsverletzung. Die weltweite Ächtung der Todesstrafe notwendig und natürlich haben wir diesen Antrag unterstützt, um mit der Stadt Mainz einen symbolischen Beitrag dazu zu leisten.

    „Die Stadt Mainz schließt sich dem Bündnis gegen die Todesstrafe „Cities for Life – Städte für das Leben“ an. Gemäß der Bündnisidee wird die Stadt Mainz zukünftig ein zentrales Gebäude auf besondere Weise beleuchten. Traditionell wird dies am 30.11. getan, dem Tag an dem im Jahre 1786 die erste Abschaffung der Todesstrafe im Großherzogtum Toskana stattgefunden hat. Der Änderungsantrag der CDU der zu einem gemeinsamen Antrag führte, legte dabei die Theodor-Heuss-Brücke für diesen Aktionstag farblich zu beleuchten fest, um ein grenzüberschreitendes Zeichen zu setzen.“

 
  • Gemeinsamer Antrag: Konsequenten Klimaschutz weiter vorantreiben: Lebenswerten Stadtraum schaffen – Verkehrswende fortführen – Wärmewende forcieren – Transparenz schaffen (B‘90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP)
    Wir freuen uns besonders über diesen Antrag, der den Klimaschutz in der Stadt hoffentlich endlich voranbringt. 
    Die Zeit der großen Worte muss endlich vorbei sein, wir benötigen Taten.

    „Der Mainzer Stadtrat begrüßt das bürgerschaftliche Engagement der Mainzer Klimainitiative„Mainz Zero“. Er sieht sich in der Verantwortung, die Forderungen aus dem Bürgerentscheid, die in der eigenen Zuständigkeit liegen, die noch nicht Beschlusslage sind, die sozial vertretbar sind und einer Politik der Nachhaltigkeit dienen, aufzunehmen. Gemeinsames Ziel ist hierbei folgenden Generationen Klimabedingungen für eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.“
    Geregelt werden Klimamaßnahmen in den Bereichen
    1. Lebenswerter Stadtraum
    2. Mobilität
    3. Wärme
    4. Energie/Strom
    5. Stärkung des Handwerks
    6. Kooperation
    7. Klimabildung und –information
    8. Transparenz

 
  • Gemeinsamer Antrag: Mit Schulsozialarbeit gegen die Folgen von Corona: Kinder & Jugendliche stärken! (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP)
    Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Problemkreis der Sozialarbeit. Insbesondere, dass die Schulsozialarbeit an Gymnasien nach vielen Jahren etlicher Bemühungen aus allen möglichen politischen Richtungen endlich eingerichtet werden kann, ist ein unheimlicher Fortschritt für die Schüler:innen und Lehrer:innen.

    „Das Angebot an Schulsozialarbeit soll sich an den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen orientieren. Dabei ist es unser erklärtes Ziel, die Schulsozialarbeit auszubauen und an allen Schulformen zu etablieren, um allen Kindern und Jugendlichen in Mainz bestmögliche Chancen zur Gestaltung ihres Lebens zu bieten.
    Die Verwaltung wird gebeten, zu prüfen, inwiefern die vom Land Rheinland-Pfalz aus dem Bundesprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche in den Jahren 2021 und 2022“ für Mainz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufstockung und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit, wo diese bereits etabliert ist, sowie zum Aufbau der Schulsozialarbeit an Gymnasien verwendet werden können. Des Weiteren ist die Verstetigung der Stellen über das Jahr 2022 hinaus wichtig, möglichst auch mit Bundes- und Landesmitteln.“
 
  • Gemeinsamer Antrag: Einrichtung eines Beirats für Digitalisierung (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP)

    Bereits zu Beginn der Legislatur hatten wir zusammen mit der FDP einen Antrag eingebracht, einen Ausschuss für Digitalisierung zu bilden. Leider wurde dies im Stadtrat mehrheitlich abgelehnt, sodass der Stadt bedauerlicherweise wieder zwei Jahre verloren gegangen sind, um das Thema Digitalisierung in den Fokus zu rücken. Umso mehr unterstützen wir die Bemühungen, dies mit einem Digitalisierungsbeirat unter Einbeziehung gesellschaftlicher Stakeholder aufzuholen. Daher haben wir den nachfolgenden Antrag natürlich unterstützt.

    „Es wird ein Beirat für Digitalisierung eingerichtet. Der Beirat soll Verwaltung, Stadtrat und stadtnahe Gesellschaften in Fragen der Digitalisierung, insbesondere unter grundsätzlich strategischen Gesichtspunkten, beraten. Weiterhin soll der Beirat die weitere Erarbeitung, Umsetzung und Weiterentwicklung der Digitalisierungsstrategie der Landeshauptstadt Mainz begleiten. Die Verwaltung wird beauftragt, zur nächsten Stadtratssitzung den Entwurf für eine Richtlinie für den Beirat für Digitalisierung vorzulegen.“

 

Wir Mainzer PIRATEN arbeiten entsprechend unserem Auftrag zusammen mit Volt an progressiven Themen, die über den Betrieb der Stadt auf Sichtweite hinausgehen.
Unsere Anliegen erstrecken sich auf vernachlässigte Demokratisierung und Partizipationsmöglichkeiten der Bürger:innen über ihre gewählten Vertreter hinaus (z. B. Bürger:innenbudget). Wir vertreten die Ansicht, dass Kunst und Kultur auch über Sachzwänge der Pandemie hinaus gerettet werden sollten (z. B. Vergnügungs- und Tanzsteuer, Erhalt der Gemeinschaft und des Zusammengehörigkeitsgefühls). Zudem erhoffen wir uns z. B. von Anfragen die IT-Sicherheit betreffend eine gesteigerte Awareness der Verantwortlichen der Stadt-IT.